Ärztezentrum Dr. Schuppert

Dr. med. Achim Schuppert, Gisela Stöcker

Komplementäre und alternative Behandlung von Brustkrebs

Eine retrospektive Auswertung von Therapieverläufen –
Studie der Praxisklinik 2014

Zusammenfassung

Hintergrund: Über die Hälfte der Brustkrebspatientinnen in den westlichen Industrienationen nutzt heute Verfahren der Komplementären und Alternativen Medizin (CAM). An erster Stelle steht dabei der Wunsch nach Heilung und Verbesserung der Gesundheit. Da es unmöglich erscheint, den Nutzen komplexer Interventionen, wie einer CAM-Behandlung bei Brustkrebspatientinnen, durch randomisierte kontrollierte Studien zu überprüfen, erfolgte nun die retrospektive Auswertung von Therapieverläufen von Patientinnen mit Brustkrebs, die in einer großen, ganzheitlich orientierten Praxis sowohl komplementär, als auch alternativ zur konventionellen Therapie behandelt worden waren. Ziel war es, Hinweise zu finden, ob komplementär therapierte Patientinnen einen Vorteil gegenüber konventionellen therapierten Patientinnen hatten.

Die Fünf Jahres Überlebensrate der gesamten Studienpopulation, die Methoden der CAM und in unterschiedlicher Weise auch der konventionellen Medizin erhalten hatten, betrug 95%. Die Fernmetastasierungsrate lag bei den Patientinnen, die eine adjuvante Chemotherapie erhalten hatten, um 68% höher als bei den Patientinnen ohne Chemotherapie. Andererseits lag die Lokalrezidivrate bei Patientinnen, die eine konventionelle Therapie abgelehnt hatten, deutlich höher als bei den nach Leitlinien behandelten Patientinnen.

Patienten mit psychischen Belastungen oder Traumatisierungen in der Anamnese hatten ein etwa dreifach erhöhtes Rezidivrisiko. Aussagen zur Wirksamkeit einzelner Therapiemaßnahmen aus dem Gesamtkomplex der individuell unterschiedlich eingesetzten und meist kombinierten unkonventionellen Verfahren ließen sich statistisch signifikant nicht belegen.

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1 Einleitung

Bis zum Beginn des Mammographie-Screenings wurde die Diagnose "Mammakarzinom" in Deutschland bei 58.000 Patienten jährlich gestellt, seit der Einführung dieses Screenings bei 72.000 Frauen (130 Diss). Der überwiegende Teil dieser Patientinnen vertraut nicht allein den Angeboten der Schulmedizin, sondern sucht auch nach komplementären Verfahren.

Der Begriff "Komplementär- und Alternativmedizin" (Complementary and Alternative Medicine, kurz "CAM") bezeichnet eine Gesamtheit von Verfahren, die zusätzlich (komplementär) zur oder anstatt (alternativ) der konventionellen Medizin ‎[17] zum Beispiel in der postoperativen Nachbehandlung von Krebspatienten angewandt werden. Mit konventioneller Medizin sind hier die Chemo-, Strahlen- und hormonablative Therapie gemeint.

Die Anzahl der Anwender von Komplementär- und Alternativmedizin (CAM) im Bereich der Onkologie hat sich in den letzten 30 Jahren weltweit von ca. 25% auf ca. 40% erhöht, wobei die Zahlen in den einzelnen Ländern erheblich variieren. Dies liegt unter anderem an der uneinheitlichen Definition der CAM-Verfahren, wodurch bei den verschiedenen Studien unterschiedliche Verfahren zur CAM gezählt oder ausgeschlossen wurden ‎[3] ‎[9]. Unter den onkologischen Patienten ist die Inanspruchnahme von CAM unter den Patientinnen mit Mammakarzinom am höchsten ‎[15].

Über die Hälfte der Brustkrebspatientinnen in den westlichen Industrienationen nutzt heute Verfahren der Komplementären und Alternativen Medizin ‎[1] ‎[16] ‎[22]. Die meisten Studien zeigen, dass CAM-Anwenderinnen eher ein höheres Einkommen und einen höheren Bildungsstand als Nicht-Anwenderinnen haben. Die Gründe für die Nutzung von CAM sind vielfältig: An erster Stelle stehen der Wunsch nach Genesung, Heilung und Verbesserung der Gesundheit, sowie die Stärkung des Immunsystems ‎[27].

Bis heute gibt es jedoch keine Evidenz für eine kurative Wirksamkeit von CAM-Therapien bei Brustkrebs (33, 9, 13 Quellen aus Publ_Stö). Die meisten bisherigen Studien sind quantitativer Art oder überprüfen die Wirksamkeit von CAM bei der Linderung von Nebenwirkungen der chirurgischen und adjuvanten Therapie (z.B. Lymphdrainage gegen Ödeme oder Akupunktur bei Übelkeit) (10, 4).

Da es unmöglich erscheint, den Nutzen komplexer Interventionen, wie einer CAM-Behandlung durch randomisierte kontrollierte Studien zu überprüfen ‎[5] ‎[24] ‎[26] ‎[28], sind epidemiologische Studien wichtig, um Hinweise auf die Prognose der Patientinnen zu finden.

Daher erfolgte nun die retrospektive Auswertung von Therapieverläufen von Patientinnen mit Brustkrebs, die in einer großen ganzheitlich orientierten Praxis behandelt worden waren. Ziel war es, Hinweise zu finden, ob komplementär oder alternativ therapierte Patientinnen einen Vorteil gegenüber konventionell therapierten Patientinnen hatten. Weiterhin, ob sich für einzelne der hier eingesetzten Therapieverfahren ein statistisch signifikanter Nutzen erkennen ließ. Darüber hinaus wurde versucht, Hinweise auf die Wirksamkeit einzelner Verfahren aus dem CAM-Bereich zu finden.

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2 Methodik

2.1 Ausgewertetes Kollektiv

Die Auswertung erfolgte in der Praxisklinik Dr. Schuppert, Ärztezentrum für ganzheitliche Medizin, in Bonn und wurde durch Frau Gisela Stöcker, Köln, im Rahmen ihrer Dissertation unter Anleitung von Herrn Prof. Lehmacher, Institut für Medizinische Statistik der Universität Köln, durchgeführt.

Die Praxisklinik bot einen sehr guten Rahmen für die Beantwortung der Forschungsfrage, da dort sowohl konventionelle Therapien wie die Chemotherapie, als auch CAM-Therapien eingesetzt werden.

Das Team besteht aus onkologischen Internisten, onkologisch verantwortlichen Ärzten, Fachärzten für Allgemeinmedizin und Psychologen, die ebenfalls in verschiedenen Bereichen der Komplementär- und Alternativmedizin ausgebildet sind. Die Praxis ist nach DIN EN ISO 9001 : 2008 zertifiziert.

Aus dem Zeitraum von 1985 bis 2011 wurden aus den dort behandelten Patientinnen mit Mammakarzinomen diejenigen ausgewertet, die mindestens über 6 Monate behandelt worden waren. Dies waren 396 Patientinnen. Hierin enthalten waren Patientinnen aller Tumorstadien. Aus diesen wurden die 206 Patienten in die Auswertung genommen, die bei Behandlungsbeginn in der Praxisklinik postoperativ tumorfrei waren, keine Komorbiditäten aufwiesen und sich innerhalb eines Jahres nach der Operation in die CAM-Behandlung begeben hatten.

Für statistische Auswertungen ist es wichtig, bezüglich des Rezidivrisikos möglichst homogene Gruppen zu betrachten. Daher wurden die 206 Patientinnen in eine Gruppe mit hohem Risiko, eine Gruppe mit mittlerem Risiko und eine weitere Gruppe mit niedrigem Risiko eingeteilt, entsprechend der Risikoklassifikation der Konsensuskonferenz St. Gallen, 2009 (Tab. ‎2.1 und ‎[7] ‎[18]).

Tab. ‎2.1 Risikoklassifikation nach der Konsensuskonferenz St. Gallen 2009:

Niedriges Risiko Mittleres Risiko Hohes Risiko
Zutreffen aller folgenden Kriterien:

pT ≤ 2 cm
nodalnegativ
G1
hormonrezeptorpositiv
Alter ≥ 35 Jahre
HER2-negativ
keine vaskuläre oder lymphatische Invasion
geringe Proliferationsrate
Nodalnegativ
und mindestens eines der folgenden Kriterien:

HER2-positiv
pT > 2 cm
G2-3
Alter < 35 Jahre
keine vaskuläre Invasion
ausgeprägte lymphatische Invasion

oder

nodalpositiv
(1-3 Lymphknoten befallen)
und folgende Kriterien:
hormonrezeptorpositiv
HER2-negativ
Anzahl der befallenen Lymphknoten ≥ 4

oder

Anzahl der befallenen Lymphknoten 1-3
und mindestens eines der folgenden Kriterien:

hormonrezeptornegativ
HER2-positiv

Um eine möglichst hohe statistische Sicherheit der Auswertung zu erreichen, wurde nur die größte Gruppe, die Gruppe mit einem mittleren Risiko, ausgewertet, also 163 Patienten. Einige dieser Patientinnen hatten sich erst nach mehr als einem Jahr nach der Operation in die CAM Behandlung begeben. Es handelte sich um 19 Patientinnen, um die die verbliebene Gruppe reduziert wurde. Somit verblieb für die Auswertung eine relativ homogene Gruppe von 144 Patientinnen.

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2.2 Statistische Methoden

Die Datenauswertung erfolgte mit dem Programm IBM SPSS Statistics, Version 19.0.

Es wurden sowohl analytische als auch deskriptive Verfahren angewendet.

Für die einzelnen Berechnungen wurden als Basis die zum jeweiligen Merkmal auswertbaren Patientinnenzahlen zugrunde gelegt:

  • Kaplan-Meier-Methode zur Berechnung der Gesamtüberlebenszeiten und der krankheitsfreien Überlebenszeiten.
  • Kreuztabellen zur Feststellung von Tendenzen
  • Chi²-Test zum Auffinden von Zusammenhängen zwischen kategorialen Variablen zur Hypothesengenerierung. Eine statistische Signifikanz wurde bei p ≤ 0,05 und einer Wahrscheinlichkeit von 95% gesehen. Es wurde die exakte Signifikanz (2-seitig) mit dem exakten Test nach Fisher bestimmt.
  • t-Test oder Rangsummentest (Mann-Whitney-U-Test) zum Vergleich von Mittelwerten z.B. um zu überprüfen, ob die Anzahl der Behandlungen für den Therapieerfolg ausschlaggebend war

Als Zielgrößen (Outcome) wurden das Auftreten von Rezidiven (lokoregionäre Rezidive, Fernmetastasen) sowie der Eintritt des Todes definiert.

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2.3 Empfehlungen der Tumorkonferenzen

Interessant war die Frage, inwieweit die Empfehlungen der Tumorkonferenzen und die Umsetzung dieser Empfehlungen durch die Patientinnen diesen einen Nutzen verschafften. Daher wurden die Daten auch unter diesem Aspekt ausgewertet.

Bei 26 der 144 Patientinnen gingen die Empfehlungen der Tumor-Konferenzen nicht aus den gespeicherten Daten hervor. Es verblieben also 118 Patientinnen, bei denen sich die Therapieentscheidung der Patientinnen mit der Empfehlung der Tumorkonferenz vergleichen ließ.

Die Empfehlungen der Tumorkonferenzen bezogen sich auf vier mögliche Behandlungsformen bzw. deren Kombination. Diese bestanden aus der endokrinen Therapie, der Radiatio, der Chemotherapie und der zusätzlichen Gabe von Herceptin bei positivem Herceptin-Rezeptor.

Durch Anwendung der Einschlusskriterien konnte eine Studienpopulation mit ähnlicher Prognose für den Krankheitsverlauf ermittelt werden. Es fiel jedoch auf, dass die Therapieempfehlungen der Tumorkonferenz sich gerade in Bezug auf die Chemotherapie erheblich unterschieden. Auch Patientinnen mit komplett gleichem Risikoprofil (z.B. gleiche Anzahl befallener Lymphknoten, gleiche Tumorgröße, gleiches Grading, gleicher Hormonrezeptorstatus etc.) erhielten nicht immer die gleiche Therapieempfehlung. Dies zeigt, dass der Behandlungsspielraum sehr groß ist und die Therapieentscheidung immer noch sehr stark vom behandelnden Onkologen abhängt.

Bei Patientinnen mit positivem Nodalstatus und/oder größeren, gering differenzierten Tumoren scheint die Entscheidung zur adjuvanten Chemotherapie eindeutig. Patientinnen mit negativem Nodalstatus und hoch differenzierten, kleineren Tumoren erhalten in der Regel keine Chemotherapie. Für nodalnegative Patientinnen mit z.B. T1 N0 M0 G2-Tumoren und positiven Hormonrezeptoren ist die Entscheidung nach heutigem Kenntnisstand nicht eindeutig. Solange die Entwicklung, Zulassung und Kostenübernahme weiterer diagnostischer Verfahren und zielgerichteter Therapien noch auf sich warten lässt, werden diese Frauen gegebenenfalls mit Zytostatika übertherapiert ‎[11] ‎[13] ‎[14].

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2.4 Diagnose- und Therapieverfahren

Alle in der Praxisklinik behandelten Patientinnen erhielten eine ganzheitsmedizinische Diagnostik und unterschiedliche unkonventionelle Therapien aus dem Bereich der CAM. Zusätzlich wurden in unterschiedlicher Weise und Intensität konventionelle Therapieverfahren eingesetzt.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen der ganzheitlichen und der allein konventionellen Tumortherapie besteht darin, dass ein ganzheitliches medizinisches Konzept eine Ursachendiagnostik verlangt. Hier wird der Tumor nicht als die lokale Erkrankung, sondern als das Symptom einer vom Organismus nicht mehr beherrschbaren Belastung angesehen, die die Entwicklung eines Tumors verursachte oder möglich machte. Daher stellt die Ursachendiagnostik und Ursachentherapie ein wesentliches Prinzip der ganzheitlichen Krebsbehandlung dar.

In einer einstündigen Anamnese wird versucht, die Hintergründe der Krankheit zu analysieren und zu verstehen. Es wird nach Belastungen und Störfeldern gesucht, nach Faktoren, die zu einer Überforderung des Systems beigetragen haben könnten.

Hierzu zählen auch in ganz besonderer Weise Psychotraumata oder psychische Belastungen und Konflikte, die über einen längeren Zeitraum bestanden oder bestehen.

Für die Studienteilnehmerinnen wurde die Diagnose eines behandlungsbedürftigen psychischen Zustands im Anamnesegespräch festgestellt. Die Patientinnen erhielten bei Bedarf und Compliance eine Psychotherapie in Form einer Gesprächstherapie. Hier wurde insbesondere Wert auf die Aufdeckung psychischer Traumata gelegt, die sowohl vor der Brustkrebsdiagnose bestanden hatten als auch durch die Erkrankung ausgelöst sein konnten. Basierend auf den Erkenntnissen der Psychoneuroimmunologie wird davon ausgegangen, dass ein unbewältigtes Trauma den Genesungsprozess beeinträchtigt oder am Entstehen der Erkrankung ursächlich beteiligt sein kann.

Im körperlichen Bereich können sich toxische Belastungen, z.B. mit Schwermetallen (oft Quecksilber aus Amalgamfüllungen) oder aus der langzeitigen Einnahme nebenwirkungsreicher Medikamente, daneben chronische Störungen der Darmfunktion, ein übersäuerter Stoffwechsel bei Fehlernährung, Sauerstoffmangel bei Bewegungsarmut, chronische Entzündungsherde etc. finden.

Für alle gefundenen Belastungen wurden den Patientinnen individuelle Therapiemöglichkeiten aufgezeigt und in der Praxisklinik angeboten. Dazu gehörten auch die Behandlung von Darmfunktionsstörungen, sowie die Verbesserung der Ernährung.

Untersucht wurden speziell folgende CAM-Verfahren: Lokale Tiefenhyperthermie, ozonierte Autohämotherapie, proteolytische Enzyme (Bromelain), Vitamin-C-Infusionen, Zinktherapie, Selentherapie, Misteltherapie, Psychotherapie, Störfeldtherapie, Therapie mit tierischen Thymusdrüsenextrakten (Zelltherapie), Traditionelle Chinesische Medizin (Akupunktur) und Ursachendiagnostik.

Die primäre intensive Therapiephase bestand in 2-3 Behandlungen pro Woche über sechs Wochen. Im Laufe der weiteren Kontrollen erfolgten weitere Behandlungen, je nach den gefundenen Notwendigkeiten.

Bei allen Patientinnen wurden bei Beginn der Therapie und im Verlauf der Behandlung alle drei Monate neben der bildgebenden Diagnostik Laboruntersuchungen durchgeführt, einerseits um die aktuelle Tumorsituation abzubilden (Tumormarker im weitesten Sinne), andererseits auch um Mängel im Immunsystem oder bei Vitaminen und Spurenelementen aufzudecken.

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3 Ergebnisse

3.1 Ergebnisse über alle Risiken

Wie wichtig es ist, das Patientinnenkollektiv auf eine möglichst homogene Gruppe (mit "mittlerem Risiko") zu reduzieren, wird besonders deutlich, wenn man sich die Therapieergebnisse aller 206 Patientinnen der drei Risikogruppen von Augen führt (Tab. ‎3.1): Patientinnen mit hohem Risiko entwickelten 4,5mal häufiger Fernmetastasen.

Tab. ‎3.1 Inzidenz von Rezidiven (lokoregionäre Rezidiven und Fernmetastasen) nach Risiko:

Risiko nein lokoregionäres Rezidiv Fernmetastasen Gesamt
gering Anzahl 7 0 0 7
% 100,0% 0,0% 0,0% 100,0%
mittel Anzahl 131 18 14 163*
% 80,4% 11,0% 8,6% 100,0%
hoch Anzahl 19 3 14 36
% 52,8% 8,3% 38,9% 100,0%
gesamt Anzahl 157 21 28 206
% 76,2% 10,2% 13,6% 100,0%

* inkl. Patientinnen, die sich erst über ein Jahr nach der Operation in die CAM-Behandlung begeben hatten.

Die primäre summarische Auswertung der Patientinnen der Praxisklinik Dr. Schuppert ergab, dass von allen bei Therapiebeginn tumorfreien behandelten 206 Patientinnen aller drei Risikogruppen, die alle verschiedene Verfahren der CAM erhalten hatten und in unterschiedlicher Intensität begleitend konventionell behandelt worden waren, 49 (23,8%) der Patientinnen lokoregionäre Rezidive oder Fernmetastasen entwickelten.

Nach Gerber, Reimer und Freund ‎[6] entwickeln 40% aller Brustkrebspatientinnen ein Rezidiv. 10-20% dieser Fälle sind lokoregionäre Rezidive. Hierbei muss jedoch aus statistischen Überlegungen berücksichtigt werden, dass aufgrund der unterschiedlichen Einschlusskriterien genaue Vergleiche nicht möglich sind.

Die Fünf-Jahres-Überlebensraten aller untersuchten Patientinnen des Kollektivs der Praxisklinik Dr. Schuppert lag unter der Behandlung mit CAM und unabhängig von der Durchführung zusätzlicher konventioneller Maßnahmen in der Gruppe mit niedrigem Risiko nach den St. Gallen-Kriterien bei 100%, in der Gruppe mit mittlerem Risiko ebenfalls bei 100%, in der Gruppe mit hohem Risiko bei 76%. Daraus ergibt sich eine Fünf Jahres Überlebensrate von 95%. Die absolute Fünf Jahres Überlebensrate in Deutschland über alle Risiken liegt dagegen unter im Allgemeinen allein konventioneller Therapie bei 78% [20].

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3.2 Ergebnisse für die Gruppe "Mittleres Risiko"

Die Häufigkeit der unterschiedlichen hier zum Einsatz gekommenen konventionellen Therapien ist aus der folgenden Tabelle ersichtlich:

Tab. ‎3.2 Häufigkeit der unterschiedlichen Therapien:

Therapie Häufigkeit Prozent
nur CAM 20 14,0
CAM und endokrine Therapie 34 23,8
CAM und Radiatio* 32 22,4
CAM und Chemotherapie* 22 15,4
CAM, Radiatio und Chemotherapie* 36 24,5
Gesamt 144 100,0

* zusätzlich endokrine Therapie bei positivem Hormonrezeptorstatus

Auffällig ist, dass nur knapp 40% der Studienteilnehmerinnen eine Chemotherapie erhielten.

Das Auftreten von Rezidiven in der Gruppe "Mittleres Risiko" zeigt die folgende Tabelle:

Tab. ‎3.3 Inzidenz von Rezidiven in der Gruppe "Mittleres Risiko":

Rezidive Häufigkeit Prozent
Kein Rezidiv 117 81,3
Lokalrezidiv und/oder LK-Metastasen 15 10,4
Lokalrezidiv und Fernmetastasen 8 5,6
Fernmetastasen 4 2,8
Gesamt 144 100,0

Von den 144 ausgewerteten Patientinnen erlitten 10,4% der Patientinnen ausschließlich ein Lokalrezidiv und/oder Lymphknotenmetastasen. Insgesamt 8,4% der Patientinnen entwickelten zusätzlich zu einem lokoregionären Rezidiv oder ausschließlich Fernmetastasen.

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3.2.1 Überlebensraten

Die absolute 5-Jahres-Überlebensrate für die gesamte Studienpopulation betrug 100%. Patientinnen, die sich gegen die von der Tumorkonferenz empfohlene Therapie entschieden hatten und alternativ oder nur teilweise konventionell behandelt wurden, erkrankten im Median 0,8 Jahre früher an einem Rezidiv. Da das Patientinnenkollektiv nach zehn Jahren nur noch aus 25 Patientinnen bestand, sind die Ergebnisse für diesen Zeitraum nicht mehr zuverlässig. Es verstarb nur eine Patientin innerhalb von zehn Jahren. Diese hatte eine Therapie nach den Leitlinien erhalten.

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3.3 Ergebnisse abhängig von den Empfehlungen der Tumorkonferenzen zur Therapie gemäß den Leitlinien zur Behandlung des Mammakarzinoms

Von den hier untersuchten 144 Patientinnen lagen bei 118 Patientinnen die Empfehlungen der Tumorkonferenz zur konventionellen Krebstherapie vor. Dabei fiel auf, dass die Therapieempfehlungen der Tumorkonferenzen sich gerade in Bezug auf die Chemotherapie erheblich unterschieden. Auch Patientinnen mit komplett gleichen Risiko- Profil erhielten häufig unterschiedliche Therapieempfehlungen, insbesondere hinsichtlich der Notwendigkeit einer Chemotherapie.

Von den 118 Patientinnen, bei denen die Therapieempfehlungen der Tumorkonferenzen vorlagen, folgten 83 Patientinnen diesen Vorschlägen und erhielten zusätzlich die Verfahren der CAM, die übrigen Patientinnen hatten diese Vorschläge ganz oder teilweise abgelehnt oder die empfohlenen konventionellen Therapien abgebrochen und wurden nur unkonventionell behandelt.

Von den 118 Patienten, bei denen die Empfehlungen der Tumorkonferenz vorlagen, entschieden sich 83, eine Therapie nach den Leitlinien durchführen zu lassen. Diese erlitten zu 9,6% Fernmetastasen, im Gegensatz zu nur 5,7%, die dem konventionellen Weg nur teilweise gefolgt waren oder nur unkonventionell behandelt worden waren. Dagegen entwickelten 31,4% der Therapieverweigererinnen lokaloregionäre Rezidive im Gegensatz zu nur 3,6% der Patientinnen, die eine Therapie nach den Leitlinien akzeptiert hatten. Von den 108 Patienten mit positivem Hormonrezeptorstatus entschieden sich 18 gegen eine Hormonblockade, obwohl diese den Patienten auch durch die Praxis empfohlen worden war. Die durchgeführten Therapien entsprachen insofern auch nicht immer den Empfehlungen der Praxis.

Die folgende Tabelle zeigt die Rezidivrate in Abhängigkeit von der Compliance gegenüber der empfohlenen Leitlinien-Therapie:

Tab. ‎3.4 Inzidenz von Rezidiven nach Compliance (Therapietreue):

Therapie nach Empfehlung
der Tumorkonferenz
kein Rezidiv Rezidiv Gesamt
nicht erhalten Anzahl 22 13 35
% 62,9% 37,1% 100,0%
erhalten Anzahl 72 11 83
% 86,7% 13,3% 100,0%
Gesamt Anzahl 94 24 118
% 79,7% 20,3% 100,0%

Bei diesen Zahlen, die auf den ersten Blick sehr für eine Therapie nach den Leitlinien sprechen, ist es wichtig, eine Differenzierung nach Lokalrezidiven und Fernmetastasen vorzunehmen:

Tab. ‎3.5 Inzidenz von Rezidiven nach Compliance (Therapietreue) - Aufsplittung nach lokoregionären Rezidiven und Fernmetastasen

Therapie nach Empfehlung
der Tumorkonferenz
nein lokoregionäres
Rezidiv
Fernmetastasen Gesamt
nicht erhalten Anzahl 22 11 2 35
% 62,9% 31,4% 5,7% 100,0%
erhalten Anzahl 72 3 8 83
% 86,7% 3,6% 9,6% 100,0%
Gesamt Anzahl 94 14 10 118
% 79,7% 11,9% 8,5% 100,0%

Die konventionelle Therapie ließ hier deutliche Nachteile hinsichtlich der Entwicklung von Fernmetastasen erkennen. Andererseits hatte sie auch deutliche Vorteile bei der Verhinderung lokoregionärer Rezidive. Dies ist sehr bedeutsam, da eine Fernmetastasierung immer eine palliative Situation darstellt, die in der Regel zum Tode führt, ein Lokalrezidiv ist, wenn es rechtzeitig erkannt und operiert wird, in der Regel nicht lebensbedrohlich.

Auffällig war, dass insbesondere Patientinnen, die sich gegen eine Chemotherapie entschieden hatten, häufig lokoregionäre Rezidive entwickelten (33,3% im Gegensatz zu 13,3% bei chemotherapierten Patientinnen).

In Bezug auf die Entwicklung von Fernmetastasen schnitten Patientinnen, die eine Chemotherapie nach dem CMF-Schema (14,3% Fernmetastasen) und nach dem EC-Schema (11,1% Fernmetastasen) erhalten hatten besonders schlecht ab, gegenüber 4,8% Fernmetastasen bei den Patientinnen ohne Chemotherapie.

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3.4 Psyche

Ein wesentlicher Punkt in der Anamneseerhebung war die Frage nach psychischen Belastungen, einerseits nach psychischen Dauerbelastungen in den letzten Jahren vor der Diagnosestellung, andererseits nach psychischen Traumata in der Vorgeschichte, teils auch in der Kindheit. Bei den psychischen Dauerbelastungen wurde vor allem die Situation in der Partnerschaft und im beruflichen Kontext angesprochen.

Bei ca. 60% der Patientinnen mit mittlerem Risiko wurde die Indikation für eine Psychotherapie gestellt. In Abhängigkeit von den psychischen Belastungen wurde die Rezidivhäufigkeit ermittelt. Das Auftreten von Rezidiven insgesamt war statistisch auffällig (p = 0,025).

Tab. ‎3.6 Inzidenz von Rezidiven nach Psychotherapie-Indikation - Aufsplittung nach lokoregionären Rezidiven und Fernmetastasen:

Psychotherapie nein lokoregionäres
Rezidiv
Fernmetastasen Gesamt
nicht indiziert Anzahl 52 3 2 57
% 91,2% 5,3% 3,5% 100,0%
indiziert Anzahl 65 12 9 86
% 75,6% 14,0% 10,5% 100,0%
Gesamt Anzahl 117 15 11 143
% 81,8% 10,5% 7,7% 100,0%

Bei psychisch belasteten Patientinnen traten sowohl mehr lokoregionäre Rezidive (14% im Gegensatz zu 5,3% in der Kontrollgruppe) als auch Fernmetastasen (10,5% im Gegensatz zu 3,5% in der Kontrollgruppe) auf.

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3.5 Die verschiedenen eingesetzten Therapieverfahren der CAM

Die Patientinnen erhielten im Durchschnitt 5,5 verschiedene Therapien aus dem Bereich der CAM. Die häufigsten, bei jeweils etwa 80% aller Patientinnen eingesetzten Verfahren waren die Ozon Sauerstoff Behandlung, die Enzymtherapie, die Selentherapie und die Störfeldbehandlung.

Statistische Zusammenhänge zwischen den einzelnen eingesetzten Verfahren und der Rezidivhäufigkeit konnten nicht belegt werden. Alle ermittelten p-Werte waren unauffällig.

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3.6 Lebensqualität und Therapiekosten

Auswertungen der Lebensqualität der Patientinnen wurden nicht durchgeführt. Nach den Aussagen der behandelnden Ärzte der Praxisklinik hatten Patientinnen ohne Chemotherapie und ohne Strahlentherapie im Allgemeinen eine durch die Therapie unbeeinträchtigte Lebensqualität, Patientinnen unter hormonblockierender Therapie waren teilweise leicht eingeschränkt.

Die Reduzierung der Lebensqualität der Patientinnen, die Strahlentherapie erhalten hatten, war im Allgemeinen moderat, von Ausnahmen abgesehen. Chemotherapierte Patientinnen dagegen hatten häufig unter lange anhaltenden körperlichen und kognitiven Problemen zu leiden.

Die Therapiekosten der einzelnen Patientinnen wurden nicht ausgewertet. Sie lagen nach Angaben der Klinik pro Patientin für die Behandlung mithilfe der CAM je nach Intensität bei mehreren 100 bis wenigen 1000 € pro Patientin für die ersten 6 Monate.

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4 Diskussion

4.1 Hauptergebnisse

Die absolute Fünf Jahres Überlebensrate für die untersuchte Studienpopulation ("mittleres Risiko") betrug 100%. Patientinnen, die sich gegen die von der Tumorkonferenz empfohlene Therapie entschieden hatten und alternativ oder nur teilweise konventionell behandelt wurden, entwickelten statistisch auffällig häufiger Lokoregionäre Rezidive als die Kontrollgruppe (p=0,005) und erkrankten im Median 0,8 Monate früher an einem Rezidiv. Dieser Nachteil zeigten sich aber nur für das Auftreten von lokoregionären Rezidiven. Konventionell vollständig therapierte Patientinnen entwickelten dagegen deutlich häufiger Fernmetastasen (9,6% zu 5,7%, p=1,000).Die Auswertungen zeigten noch ein weiteres statistisch auffälliges Ergebnis:

  • Patientinnen, bei denen ein behandlungswürdiger psychischer Zustand vor Entwicklung des Rezidives diagnostiziert wurde, entwickelten statistisch auffällig häufiger Rezidive als die Kontrollgruppe (p = 0,025).
  • Bei diesen Patientinnen traten sowohl mehr lokoregionäre Rezidive (14,0% im Gegensatz zu 5,3% in der Kontrollgruppe) als auch Fernmetastasen (10,5% im Gegensatz zu 3,5% in der Kontrollgruppe) auf.
  • Patientinnen, bei denen ein behandlungswürdiger psychischer Zustand diagnostiziert wurde und die die empfohlene konventionelle Therapie nicht erhalten hatten, entwickelten am häufigsten ein Rezidiv (43,5%).

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4.2 Einschränkungen

Da es sich um eine retrospektive Studie handelt, wurden alle Teilnehmerinnen zu unterschiedlichen Zeitpunkten "rekrutiert". Die erste Patientin begab sich 1992 in Behandlung, die letzte 2008. Über diesen Zeitraum hatte sich zumindest die konventionelle Therapie verändert. Die Patientinnen erhielten zum Beispiel bis ca. 2001 eine Chemotherapie nach dem CMF-Schema. Ab dann wurden sie nach den neuesten Studienergebnissen mit einer anthrazyklinhaltigen Kombination therapiert ‎[2].

Die 5-Jahres-Gesamtüberlebensrate von 100% ist mit Vorsicht zu interpretieren, da einige Patientinnen, die die von der Tumorkonferenz empfohlene Therapie nicht oder nur teilweise erhielten, recht früh Rezidive entwickelten und eventuell schon vor dem Eintreten einer palliativen Situation aus dem Studienkollektiv ausschieden. Diese Patientinnen schieden im Median 1,4 Jahre nach Auftreten des Rezidivs aus dem Studienkollektiv aus.

Patientinnen, die eine vollständige konventionelle Therapie erhalten hatten, schieden im Median 3,4 Jahre nach Auftreten des Rezidivs aus dem Studienkollektiv aus.

Da aber vorwiegend Patientinnen dieser Gruppe mit lokoregionären Rezidiven ausschieden, für die zu diesem Zeitpunkt noch die Möglichkeit einer vollständigen Heilung bestand, gingen wahrscheinlich auch Patientinnen für die Analyse verloren, bei denen keine palliative Situation eintrat.

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4.3 Interpretation

Statistische Auswertungen können keine kausalen Zusammenhänge darstellen. Sie dienen jedoch der Hypothesengenerierung und deren Absicherung durch weitere Studien.

Auffällig war bei der Auswertung der Daten der Praxisklinik, dass das Risiko der Fernmetastasierung am geringsten bei den Patientinnen war, die unter Anwendung der CAM-Verfahren und gegebenenfalls der Hormonblockade auf die Chemo- und Strahlentherapie verzichtet hatten, dagegen um fast 70% höher bei Patientinnen, die sich sowohl der Chemo- als auch der Strahlentherapie unterzogen hatten.

Umgekehrt verhielt es sich mit dem Risiko, ein Lokalrezidiv zu entwickeln. Hier wurde das Risiko durch die konventionelle Therapie mit 3,6% sehr niedrig gehalten, während die nicht konventionell behandelten Patientinnen zu 31,4% lokoregionäre Rezidive entwickelten.

Somit muss bei allen Patientinnen, die die Standardtherapie ablehnen, mit einer deutlich höheren Lokalrezidivrate gerechnet werden. Damit kommt der Früherkennung von Rezidiven, wie bei allen Patientinnen nach Mammakarzinom, hier eine ganz besondere Bedeutung zu. Nur die Kombination von bildgebender Diagnostik, vorteilhafterweise über die 3D-Farbdopplersonographie, ggf. ergänzt durch MRT oder Mammographie, in Verbindung mit einer umfassenderen Laborverlaufsdiagnostik und der körperlichen Untersuchung ist in der Lage, frühzeitig Abweichungen vom bisherigen Gesundzustand der Patientin zu erkennen.

Jeder Patientin mit einem Lokalrezidiv sollten in erster Linie chirurgischen Maßnahmen angeboten werden, da sie die effektivste Form der Behandlung darstellen. Eine Nachbestrahlung kann erwogen werden, insbesondere wenn bisher nicht bestrahlt wurde. Eine adjuvante Chemotherapie wird im Allgemeinen mehr Schaden als Nutzen erwarten lassen.

Hinsichtlich der kurativen Wirksamkeit einzelner Verfahren aus dem CAM-Bereich ergaben sich keine statistisch auffälligen Ergebnisse. Dies war auch nicht zu erwarten. Während die konventionelle Wissenschaft einen Therapieerfolg in der Summe der Einzelwirkungen der eingesetzten Medikamente begründet sieht, geht die komplementäre Medizin von synergistischen Effekten aus [5] [29]. Zudem wird die CAM-Therapie auf den Behandlungsbedarf des einzelnen Patienten individuell abgestimmt und nicht ein Wirkstoff oder eine Wirkstoffkombination in immer exakt gleichen Dosierungen verabreicht [25].

Die hier besseren Überlebensraten weisen darauf hin, dass das vorgestellte ganzheitliche Konzept Vorteile hat. Es entspricht darüber hinaus den aktuellen Forderungen nach einer stärker individuellen, personalisierten Medizin.

Die Bedeutung psychischer Belastung für die Entstehung einer Krebserkrankung konnte hier nicht analysiert werden. Sehr auffällig war jedoch, dass eine hohe psychische Belastung statistisch signifikant sowohl die Zahl der lokoregionären Rezidive, als auch die Fernmetastasen um etwa das dreifache steigert.

Eine neuere retrospektive Studie aus dem Jahr 2007 konnte ebenfalls einen Zusammenhang zwischen dem Krankheitsverlauf von Brustkrebspatientinnen und psychischem Stress sehen: Patientinnen, die im Laufe ihres Lebens traumatische Erlebnisse hatten oder lang andauerndem psychischem Stress ausgesetzt waren, hatten eine signifikant kürzere krankheitsfreie Überlebenszeit als die Kontrollgruppe ‎[19]. Eine andere Studie konnte keinen Zusammenhang zwischen dem Rezidiv-Risiko und Stress bei Brustkrebs-Patientinnen finden. Hier wurden allerdings nur Patientinnen einbezogen, bei denen erst ein Jahr vor der Erstdiagnose, sowie innerhalb der ersten fünf Jahre danach, Stress auslösende Ereignisse eintraten ‎[8].

Aus diesen Ergebnissen muss vermutet werden, dass Belastungen der Psyche auch für die Krebsentstehung und -Prognose sehr bedeutend sind. Wir müssen in Zukunft in Betracht ziehen, dass es sich bei Krebs auch um eine psychosomatisch mitbedingte Erkrankung handelt.

Die Psychoonkologie wird häufig mehr oder weniger nur als Krankheitsbewältigung, oft als Sterbevorbereitung verstanden. Bei der Bedeutung, die die psychische Stabilität ganz offensichtlich für das Metastasierungsrisiko, aber vermutlich auch ursächlich für die Krebsentstehung hat, sollte dieser Aspekt dringend intensiver in die Therapie mit einbezogen werden.

Selten wurden in der Vergangenheit Behandlungen von Brustkrebspatientinnen mit und ohne Chemotherapie verglichen. Vielleicht kann diese Auswertung dazu beitragen, über die bisherigen Standards und Leitlinien nachzudenken.

Aus den vorliegenden Daten lassen sich folgende Hypothesen ableiten:

  • Eine komplementäre Therapie erhöht die Fünf-Jahres-Überlebensraten von Brustkrebspatientinnen mit mittlerem Rezidivrisiko.
  • Die konventionelle Therapie von Brustkrebspatientinnen mit mittlerem Rezidiv-Risiko vermindert das Auftreten von lokoregionären Rezidiven, steigert jedoch das Risiko des Auftretens von Fernmetastasen. Die konventionelle Therapie von Brustkrebspatientinnen mit mittlerem Rezidivrisiko verlängert zwar die krankheitsfreie Überlebenszeit, erhöht aber nicht die Fünf-Jahres-Überlebensrate.
  • Ein behandlungswürdiger psychischer Zustand steht im Zusammenhang mit dem Auftreten von Rezidiven bei Brustkrebs-Patientinnen mit mittlerem Risiko.

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4.4 Übertragbarkeit

Das mediane Erkrankungsalter der Studienpopulation betrug 50 Jahre. Das mediane Erkrankungsalter der Gesamtpopulation der an Brustkrebs erkrankten Frauen beträgt 64 Jahre ‎[21]. Der Anteil der gesetzlich versicherten Patientinnen der Studie betrug 62,5% (n = 90). In der Gesamtbevölkerung besteht ein Anteil der gesetzlich Versicherten von 89% ‎[23]. Privat versicherte Patientinnen hatten genauso häufig Rezidive, wie gesetzlich Versicherte.

Alter und Versicherungsstatus sind in der Studienpopulation zwar günstiger, die Einteilung in Risikogruppen berücksichtigt aber bereits die wichtigsten Faktoren, die für die Prognose ausschlaggebend sind. Deshalb sind die Studienergebnisse wohl auf Patientinnen mit mittlerem Rezidivrisiko übertragbar.

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Literatur

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Bonn, 2014

Dr. med. Achim Schuppert, Gisela Stöcker


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Dr. med. Achim Schuppert, Gisela Stöcker: „Komplementäre und alternative Behandlung von Brustkrebs“ (≈ 233 kB)


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